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Studie der TU Ilmenau: Mehrheit der Bürger trotz Eingriff in Grundrechte für langsamen Ausstieg aus Corona-Maßnahmen

Versammlungen, Veranstaltungen, Familienfeiern – all das ist derzeit nicht erlaubt. Die Anti-Corona-Maßnahmen gelten als die tiefgreifendsten Einschnitte in die Freiheitsrechte der Bevölkerung in der Geschichte der Bundesrepublik. Lassen sich die Beschränkungen zur Eindämmung der Pandemie mit den Grundwerten einer freiheitlichen Demokratie vereinbaren? Welche Meinungen haben die Menschen zu den Einschränkungen, aber auch zu den begonnenen Lockerungen? Welche Rolle spielen dabei die Medien? Wissenschaftler der Technischen Universität Ilmenau und der Universität Bern haben diese Fragen in einer repräsentativen Umfrage untersucht.

An der Befragung waren 1502 deutschsprachigen Personen über 18 Jahre beteiligt. Ihre Antworten zeigen: Die Debatte ist von den Bürgerinnen und Bürgern aufgegriffen worden und ihre Meinungen sind differenziert: Ein knappes Drittel der Bevölkerung (31%) stimmt der Aussage zu, dass ihre persönlichen Grundrechte durch die getroffenen Maßnahmen stark eingeschränkt werden. Ein weiteres knappes Drittel stimmt dieser Aussage zumindest teilweise zu. Noch stärker ist die Zustimmung, wenn es um die generelle Einschränkung von Grundrechten in Deutschland geht. Fast die Hälfte der Befragten (48%) nimmt eine starke Einschränkung der Grundrechte wahr. Diese Einschränkungen sind mit negativen Emotionen verbunden: 35 Prozent der Bürger empfinden Ärger darüber, dass sie viele Dinge, die sie normalerweise machen, derzeit nicht machen dürfen, ein weiteres Viertel ist zumindest teilweise verärgert. 

Diese Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass viele Menschen fordern, die Einschränkungen der Grundrechte sofort wieder aufzuheben. Das ist aber nicht der Fall. Nicht mehr als 14 Prozent erheben diese Forderung und sogar 64 Prozent lehnen sie explizit ab. Einen schnellen Ausstieg wollen vor allem jene, die die Maßnahmen als sehr schwerwiegende Eingriffe erleben, während bei denen, die sich durch das Virus gesundheitlich bedroht fühlen, das Verlangen nach schnellen Lockerungen deutlich geringer ist. Vor allem dadurch erklären sich die Wissenschaftler die eher geringe Zustimmung zu einer schnellen Exit-Strategie. 

Einfluss auf den Wunsch nach einem raschen Ausstieg haben offenbar auch die Medien: Diejenigen, die sich in der Berichterstattung oft mit Ausstiegsforderungen konfrontiert sehen, befürworten den Ausstieg selbst auch stärker. Dabei spielt auch das genutzte Medium eine Rolle: Bürger, die sich häufig durch öffentlich-rechtliches Fernsehen über Corona informieren, sind eher gegen eine schnelle Lockerung der Einschränkungen. Die Gegenposition vertreten besonders jene, die häufiger in den sozialen Medien mit Menschen in Kontakt kommen, die sich kritisch über die Corona-Politik der Bundesregierung äußern. 

Hinweise finden sich zudem, dass die Debatte um den Ausstieg politisches und soziales Konfliktpotenzial birgt. Tatsächlich zeigen die Ergebnisse, dass Personen, die politisch weiter rechts stehen und denen es schon vor der Krise ökonomisch schlechter ging, die Forderung nach einem schnellen Ausstieg aus den Beschränkungen stärker unterstützen. 

Die Konfliktlinien ähneln denen, die beim Thema Flüchtlinge zu beobachten waren. Zum einen gibt es eine mediale Bruchlinie: Die Intensivnutzer des öffentlich-rechtlichen Fernsehens erweisen sich als Unterstützer des Regierungskurses, während sich in Teilen der sozialen Medien die Opposition formiert. Zum anderen zeigt sich erneut eine soziopolitische Konfliktlinie. Die ökonomisch schlechter Gestellten und die politisch eher rechts Orientierten stehen den wirtschaftlich Bessergestellten und politisch eher links Orientierten gegenüber. Hier etabliert sich ein neues Grundmuster gesellschaftspolitischer Konflikte, ein Muster, das sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in anderen Politikfeldern ähnlich darstellt. Die Klimapolitik könnte das nächste Beispiel dafür sein.

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