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Wenn Materialwissenschaft auf Machine Learning trifft

Klebeverbindungen halten beispielsweise nicht nur die Einzelteile von Autos zusammen. Sie müssen auch immense Belastungen und Temperaturschwankungen aushalten können. Wie dies bei aktuell stark gefragten Leichtbauwerkstoffen wie den faserverstärkten Kunststoffen gelingen kann – daran forscht ein interdisziplinäres Team an der Hochschule Aalen. Die erste Phase des Projekts „InDiMat“ geht jetzt mit erfolgsversprechenden Ergebnissen zu Ende – die Nachfolgefinanzierung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung steht auch schon.

Ein Fahrzeug startet im Winter aus einer wohltemperierten Garage: Innerhalb weniger Minuten sinkt die Außentemperatur in den Minusbereich. Die Materialien und vor allem die Stellen, an denen sie zusammentreffen, müssen diese Belastungen zuverlässig aushalten können. „Dabei beinhaltet ein Auto mehrere hundert Meter Klebeverbindungen“, erklärt Dr. Dieter Meinhard vom Institut für Materialforschung an der Hochschule Aalen (IMFAA). Diese Verklebungen fügen unterschiedliche Werkstoffe zusammen und sollen möglichst effizient sein – also viel Wirkung bei einem geringen Materialeinsatz zeigen. Die Leichtbauweise ist dabei eine branchenübergreifende Schlüsseltechnologie: „Die Einsparung von Material und Energie ist angesichts begrenzter natürlicher Ressourcen eine Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Produktionsweise.“ Zu den vielversprechendsten Leichtbauwerkstoffen gehören faserverstärkte Kunststoffe.

Materialien, die ohne Bohrlöcher miteinander verbunden werden, sind außerdem weniger anfällig für Korrosion. Dafür müssen sie auf eine andere Art fest miteinander verbunden werden – etwa über das sogenannte adhäsive Fügen. Ob und wie gut diese Verbindungen halten, wird auch an der Hochschule Aalen intensiv erforscht.

„InDiMat“ lautet der Name des SmartPro-Impulsprojekts, dessen erste Phase nun mit überraschenden Ergebnissen zu Ende ging. Bei diesem Projekt steht insbesondere der Hybride Leichtbau mit innovativen Technologien zum Fügen hybrider CFK-Multimaterialverbundwerkstoffe und der Leichtmetalldruckguss im Vordergrund.  Mehrere Arbeitsgruppen an der Hochschule Aalen verfolgten dabei neue Verfahrensansätze wie Druckumgießen, Kleben und thermisches Direktfügen sowie Vor- oder Nachbehandlung der Oberflächen.

Das Nachfolgeprojekt wird nun vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 900.000 Euro gefördert und im Frühjahr 2022 unter dem Namen „Smart-LIGHT“ an den Start gehen. Beteiligt sind neben der Technischen Universität München auch die Universität Ulm sowie das Institut für Oberflächentechnik GmbH Schwäbisch Gmünd. Insgesamt zwölf Unternehmen waren in die erste Phase des Projekts involviert, beispielsweise die Aalener  Franke GmbH, die PVA TePla Analytical Systems GmbH aus Westhausen dieTRUMPF Laser- und Systemtechnik GmbH aus Ditzingen und Henkel AG & Co. KGaA aus Bopfingen. Als neuer Industriepartner kam nun die Biberacher Albert Handtmann Holding GmbH & Co. KG dazu.

„Am IMFAA forschen wir an einem so genannten hybriden Materialverbund aus Kohlenfaserverstärkten Kunststoffen (CFK), umgangssprachlich auch Carbon genannt, die im geschmolzenen Zustand auf Aluminium gepresst werden“, erklärt Meinhard. Dies müsse man sich im ersten Schritt wie das Flicken eines Fahrradreifens vorstellen: Man säubere zunächst die Oberfläche und klebe etwas drüber: „Wir verkleben die kohlenfaserverstärkten Kunststoff mit Aluminium und behandeln beide Oberflächen in Zusammenarbeit mit dem LaserApplikationsZentrum der Hochschule Aalen mit Lasern vor.“ Mithilfe von Machine Learning-Methoden könne vorhergesagt werden, wie sich die Art der Vorbehandlung auf die Lebensdauer der Klebestelle auswirken wird. Für diesen Bereich ist Prof. Dr. Ulrich Klauck an der Hochschule Aalen zuständig. Darüber hinaus sind unter der Projektleitung von Prof. Dr. Lothar Kallien mit Prof. Dr. Volker Knoblauch, Prof. Dr. Harald Riegel, Prof. Dr. Silvia Schuhmacher und Dr. Wolfgang Rimkus vier weitere Professoren und ihre Teams an der Hochschule Aalen für bestimmte Teile des Gesamtprojekts verantwortlich.

Die Ergebnisse nach vier Jahren Forschungsarbeit sind laut Meinhard teils „spektakulär“: „Wir haben beispielsweise herausgefunden, dass wir mit dem Laser Oberflächen vorbehandeln können, die bisher in der Literatur als unbehandelbar galten“, erzählt er begeistert. Zudem setze trotz freigelegter Kohlestofffaser nach einem bestimmten Verfahren der Alterungsprozess nicht ein. Als weiteres Highlight konnte das Druckumgießen von CFK-Laminaten mit Magnesium- und Aluminiumdruckgusslegierungen etabliert werden. Dieses innovative Fügeverfahren wird von Prof. Dr. Lothar Kallien und Doktorand Daniel Schwarz im Gießereilabor (GTA) untersucht. Bei diesem Prozess werden kohlefaserverstärkte Kunststoffe in eine Druckgießform eingelegt und mit den besagten Leichtbaulegierungen umgossen. Die hierbei entstehenden Fügeverbindungen zeigen hohe Verbindungsfestigkeiten von über 2,5 Tonnen und verdeutlichen dadurch das große Potenzial dieser Technologie.

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