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Welt-Hepatitis-Tag 2022 – bisher zu wenig beachtet: Hepatitis E

 

  • Jährlich sterben weltweit 1,1 Millionen Menschen an den Folgen einer Infektion mit Hepatitis-B- oder Hepatitis-C-Viren.
  • Wenig Beachtung findet bisher das Hepatitis-E-Virus, das ebenfalls in Deutschland vorkommt. Die Hepatitis-E-Virus-Übertragung erfolgt hauptsächlich durch nicht ausreichend gegartes Schweine- und Wildfleisch. Aber auch eine Übertragung durch Blutprodukte ist möglich.
  • Anders als gegen Hepatitis-A- und -B-Viren steht in Europa kein Impfstoff gegen Hepatitis E zur Verfügung.

Der 28. Juli ist Welt-Hepatitis-Tag! Mit diesem Tag wird jährlich auf eine Erkrankung aufmerksam gemacht, die weltweit viele Menschen betrifft und in ihrer Gesundheit einschränkt: die virale Hepatitis, eine entzündliche Erkrankung der Leber. So gehören Infektionen mit Hepatitisviren zu den häufigsten Infektionskrankheiten weltweit. Das Paul-Ehrlich-Institut, Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, nimmt vielfältige Aufgaben entlang der Entwicklung und Bereitstellung wirksamer Impfstoffe und sicherer Blutprodukte zum Schutz vor Hepatitis-Infektionen wahr. Auch die in der Öffentlichkeit weniger bekannten Hepatitis-E-Viren und deren Relevanz für die öffentliche Gesundheit rücken zunehmend in das Blickfeld von Forschung und Regulation.

Die durch Viren verursachte Leberentzündung, die virale Hepatitis, stellt global eines der großen Probleme für das Gesundheitswesen dar. Nicht erst seit SARS-CoV-2 wird häufig vergessen, dass weltweit mehrere Hundert Millionen Menschen von einer durch Viren verursachten (viralen) Hepatitis betroffen sind. Die meisten Fälle einer viralen Hepatitis gehen auf fünf biologisch völlig unterschiedliche Viren zurück: die Hepatitisviren A, B, C, D und E (HAV–HEV). Insbesondere chronische HBV- und HCV-Infektionen führen zu schweren Krankheitsverläufen und Todesfällen. Weltweit leiden derzeit ca. 296 Mio. Menschen an einer chronischen HBV-Infektion und ca. 58 Mio. Menschen an einer chronischen HCV-Infektion. Das HDV nutzt Oberflächenproteine des HBV, kommt daher nur zusammen mit HBV vor und führt dann zu schwersten Verlaufsformen der chronischen Virushepatitis mit einer schnellen Entwicklung in Richtung Leberkrebs. Bei chronischem Verlauf zählen die HBV-und HCV-Infektionen sowie HDV/HBV-Infektionen zu den bedeutendsten Ursachen von Leberzirrhose und Leberzellkrebs. Etwa 1,1 Millionen Menschen sterben jährlich an den Folgen einer Infektion mit HBV oder HCV. HAV führt nicht zu chronischen Verläufen und heilt meist vollständig aus. In sehr seltenen Fällen kann es zu akutem Leberversagen kommen.

Zur Prophylaxe stehen in Europa Impfstoffe gegen HAV und HBV zur Verfügung.

Lange wenig beachtet – das Hepatitis-E-Virus

Noch wenig im Bewusstsein der Menschen ist vor allem das Hepatitis-E-Virus (HEV), von dem es die für den Menschen pathogenen Genotypen 1 bis 4 gibt. In Deutschland endemisch, also gewissermaßen zu Hause, ist der HEV-Genotyp 3. Er wird – wie auch der Genotyp 4 – vor allem zoonotisch, also vom Tier auf den Menschen übertragen. Eine HEV-3-Infektion scheint häufig mit nur milden Symptomen einherzugehen oder sogar asymptomatisch zu bleiben. Aber auch schwere und tödliche Krankheitsverläufe sind möglich. Die Genotypen 1 und 2 werden vor allem in Entwicklungsländern über kontaminiertes Trinkwasser übertragen. Bei ihnen handelt es sich um eine armutsassoziierte vernachlässigte Erkrankung, an deren Erforschung das Paul-Ehrlich-Institut auch im Rahmen des DRUID (Novel Drug Targets against Poverty-related and Neglected Tropical Infektious Disease)-Forschungskonsortiums arbeitet.

In Deutschland ist die Zahl der registrierten HEV-Infektionen von 109 Fällen im Jahr 2009 auf 3.728 Fälle in 2019 angestiegen. Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) liegt die Ursache für diesen Anstieg vor allem in einer höheren Aufmerksamkeit der Ärztinnen und Ärzte für diese Erkrankung sowie in der Verfügbarkeit besserer diagnostischer Tests. Etwa jede/r sechste Erwachsene trägt Antikörper gegen HEV.

Übertragung von Hepatitis-E-Viren in Deutschland vor allem durch Lebensmittel

In Deutschland erfolgen Infektionen mit HEV-3-Viren überwiegend über den Verzehr von unzureichend gegartem Schweine- bzw. Wildfleisch und daraus hergestellten Produkten. Filtrierende Organismen wie zum Beispiel Muscheln können im Wasser HEV anreichern und so ebenfalls als Infektionsquelle dienen.

Da das Virus auch über Blutprodukte übertragen werden kann, hat das Paul-Ehrlich-Institut festgelegt, dass seit dem Jahr 2020 Blutspenden verpflichtend auf HEV getestet werden müssen. Der Erfolg dieser Anordnung zeigt sich darin, dass es im Jahr 2020 bei acht Verdachtsfällen nur noch eine als wahrscheinlich bewertete HEV-Übertragung durch ein Blutprodukt gab. Dagegen wurde zwischen 2013 und 2018 von insgesamt 30 gemeldeten Verdachtsfällen in 13 Fällen ein ursächlicher Zusammenhang bestätigt und in vier Fällen als möglich bewertet.

Anders als gegen Hepatitis A und Hepatitis B gibt es in der EU keinen zugelassenen Impfstoff gegen Hepatitis E. Der beste Schutz bleibt daher eine gute Lebensmittelhygiene, bei der darauf geachtet wird, dass das Fleisch von Schweinen und Wildtieren ausreichend durchgegart ist.

Forschung am Paul-Ehrlich-Institut zur viralen Hepatitis A bis E

Es ist eine Besonderheit des Paul-Ehrlich-Instituts, auf all den Gebieten, auf denen es regulatorisch aktiv ist, auch zu forschen. Dies gilt auch für Hepatitis-Viren. Insbesondere in der Abteilung Virologie betreibt das Paul-Ehrlich-Institut unter Leitung von Herrn Prof. Eberhard Hildt intensive Forschungsarbeiten zu HBV, HCV und HEV. Im Zentrum dieser Arbeiten geht es um Erkenntnisse zur Virus-assoziierten Pathogenese, also zu den Prozessen bei der Krankheitsentstehung, sowie darum, die Mechanismen der Virusreplikation zu analysieren und die Grundlagen für eine neuartige Impfstoffplattform zu schaffen. Diese neue Impfstoffplattform betrifft HBV und zielt darauf ab, ergänzend zu der vorbeugenden Impfung chronisch HBV-infizierter Patienten eine therapeutische Impfung zu ermöglichen.

Weitere Informationen

Forschungsgruppe Molekulare Virologie Hepatitis-Viren (HBV und HCV)
Infografik: Virus-Hepatits – von A bis E
Impfstoffe
Hämovigilanzberichte
Bekanntmachung über die Zulassung von Arzneimitteln – Abwehr von Arzneimittelrisiken – Anordnung der Testung von Blutspendern zur Verhinderung einer Übertragung von Hepatitis-E-Virus durch Blutkomponenten zur Transfusion und Stammzellzubereitungen zur hämatopoetischen Rekonstitution – Vom 5. Februar 2019

  • Hildt E (2022) Virale Hepatitis – ein versteckter Killer – Bundesgesundheitsblatt 2022; 65
  • Glitscher M, Martín DH, Woytinek K, Schmidt B, Tabari D, Scholl C, Stingl JC, Seelow E, Choi M, Hildt E (2021): Targeting cholesterol metabolism as efficient antiviral strategy against the Hepatitis E virus.
    Cell Mol Gastroenterol Hepatol 12: 159-180.
  • Baylis SA, O´Flaherty N, Burke I, Hogema B, Corman VM (2022): Identification of rabbit hepatitis E virus (HEV) and novel HEV clade in Irish blood donors. J Hepatol. 2022 Apr 26;S0168-8278(22)00250-1. doi: 10.1016/j.jhep.2022.04.015
  • Peiffer KH, Spengler C, Basic M, Jiang B, Kuhnhenn L, Obermann W, Zahn T, Glitscher M, Loglio A, Facchetti F, Carra G, Kubesch A, Vermehren J, Knop V, Graf C, Dietz J, Finkelmeier F, Herrmann E, Trebicka J, Grünweller A, Zeuzem S, Sarrazin C, Lampertico P, Hildt E (2020): Quadruple mutation GCAC1809-1812TTCT acts as a biomarker in healthy
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