Presseartikel mit Niveau – Einfach gut!

Gezielte regulatorische Maßnahmen erhöhen die Sicherheit bei der Krebsimmuntherapie mit CAR-T-Zellen

 

  • Die Immuntherapie mit gegen Tumorzellen gerichteten CAR-T-Zellen ist eine vielversprechende neue Behandlungsstrategie bei Lymphomen und Leukämien, kann jedoch schwerwiegende Nebenwirkungen verursachen.
  • Klinische Studiendaten wurden daraufhin ausgewertet, ob die Aktualisierung von Behandlungsrichtlinien zu einer Verminderung dieser Arzneimittelrisiken beitragen kann.
  • Die Analyse ergab, dass durch gezielte regulatorische Maßnahmen die Sicherheit bei der Anwendung von CAR-T-Zellen in klinischer Prüfung erhöht wurde.

Zitat Prof. FunkVideo-Player

Die Krebsimmuntherapie mit CAR-T-Zellen ist eine wichtige therapeutische Strategie bei Lymphomen und Leukämien, kann jedoch schwerwiegende Nebenwirkungen verursachen. Expertinnen und Experten des Paul-Ehrlich-Instituts gingen der Frage nach, ob die aktuell angewandten regulatorischen Maßnahmen wie z. B. angepasste Behandlungsrichtlinien in der Prüferinformation bei klinischen Prüfungen dazu beitragen, die Anwendung sicherer zu machen. Die umfangreiche Analyse ergab, dass sich durch die eingeführten Maßnahmen u.a. die Häufigkeit schwerer Entgleisungen des Immunsystems reduzieren lässt. Über die Ergebnisse berichtet Transfusion Medicine and Hemotherapy in seiner Online-Ausgabe vom 29.11.2022.

Bis Ende 2021 erhielten drei CAR-T-Zell-Produkte die Marktzulassung für die Europäische Union. Bei CAR-T-Zellen handelt es sich um genetisch veränderte Immunzellen (T-Zellen) der erkrankten Patientinnen und Patienten. Für die Herstellung von CAR-T-Zellen werden dem Patienten bzw. der Patientin bestimmte Immunzellen (T-Zellen) entnommen, außerhalb des Körpers gentechnisch mit einem chimären (synthetischen) Antigenrezeptor (Chimeric Antigen Receptor, CAR) versehen, vermehrt und demselben Patienten bzw. derselben Patientin zurückgegeben. Der Antigenrezeptor passt genau zu bestimmten Oberflächenstrukturen auf den Krebszellen, bei den o.g. zugelassenen CAR-T-Zell-Arzneimitteln zum CD19-Antigen. Durch das Bestücken mit dem chimären Antigenrezeptor ist es den Immunzellen jetzt möglich, die Krebszellen zu erkennen und abzutöten.

In der EU wurden alle drei CAR-T-Zell-Arzneimittel einer beschleunigten Bewertung unterzogen (Priority Medicines, PRIME-Verfahren), um die Entwicklung und klinische Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien zu erleichtern, die auf einen ungedeckten medizinischen Bedarf abzielen.

Hohe Wirksamkeit – aber auch Risiken schwerer Nebenwirkungen

In den klinischen Prüfungen zeigten CAR-T-Zellen bemerkenswerte therapeutische Wirkungen bei Patientinnen und Patienten, die an wiederkehrenden (rezidivierenden) oder therapieresistenten (refraktären) B-Zell-Tumoren leiden. Allerdings werden CAR-T-Zellen mit einer Reihe von schweren unerwünschten Reaktionen in Verbindung gebracht, darunter das Zytokinfreisetzungssyndrom (cytokine release syndrome, CRS) mit Fieber und Blutdruckabfall sowie einer Beeinträchtigung des zentralen Nervensystems. Das Zytokinfreisetzungssyndrom kann bei einem schweren Verlauf zu einem Multiorganversagen führen und somit lebensbedrohlich werden. Häufig ist auch das Auftreten von Neurotoxizität. Das klinische Erscheinungsbild ist unterschiedlich und kann von Kopfschmerzen und Konzentrationsschwäche bis zur Entwicklung eines Hirnödems führen.

Es ist daher wichtig, diese bei der Behandlung möglicherweise unvermittelt auftretenden Toxizitäten schnell zu erkennen und durch ein zeitnahes Eingreifen, diese unerwünschten Wirkungen abzumildern. Dadurch kann auch die Chance auf einen therapeutischen Nutzen gesteigert werden. Dies ist bereits während der klinischen Entwicklung von Bedeutung, da unerwartete Nebenwirkungen zur Unterbrechung oder zum Abbruch von klinischen Prüfungen führen können. Auch nach der Marktzulassung ist eine strenge Überwachung und eine Anpassung der Behandlungsprotokolle wichtig.

Angepasste Behandlungsprotokolle zur Minimierung der Risiken

Greifen die derzeit vorgeschriebenen Behandlungsprotokolle im Hinblick auf eine Reduktion der Häufigkeit vor allem schwerer Nebenwirkungen? Um diese Frage zu beantworten, haben regulatorische Expertinnen und Experten der Abteilung Sicherheit von Arzneimitteln und Medizinprodukten des Paul-Ehrlich-Instituts klinische Studiendaten erneut ausgewertet, die Meldungen der europaweiten Datenbank für Arzneimittelnebenwirkungen analysiert und bei den behandelnden Ärztinnen und Ärzten eine Befragung durchgeführt.

Abnahme der Nebenwirkungshäufigkeit – häufig unvollständige Fallbeschreibungen

Dabei stellten sie fest, dass nach einer Überarbeitung der Behandlungsrichtlinien bei Patientinnen und Patienten mit einer CAR-T-Zell-Behandlung in der Prüferinformation weniger schwere Zytokinfreisetzungssyndrome (Anteil von CRS ≥ Grade 3: 2,4% vs. 5,1%) sowie eine geringere Neurotoxizitätsrate auftraten (5,6% vs. 9,6%).

Die Auswertung der Meldungen in der europäischen Datenbank, in der unerwünschte Arzneimittelreaktionen nach der Markteinführung erfasst werden, zeigte in vielen Fällen das Fehlen wesentlicher Informationen. Nur bei 38,3 Prozent der CRS-Fälle lagen vollständige Angaben zur Behandlungsindikation, zum Auftreten des CRS, zum Ergebnis und zur Einstufung vor. Es ist daher sinnvoll, die neuartigen Therapeutika auch nach der Markteinführung systematisch z. B. durch Registerstudien zu überwachen.

Schließlich wurde bei der Umfrage in den Behandlungszentren deutlich, dass die Mehrheit der Behandler die gesetzlichen Anforderungen für sinnvoll halten. Darüber hinaus ergab die Analyse aber auch, dass eine Harmonisierung der regulatorischen Anforderungen für die verschiedenen CAR-T-Zell-Therapeutika sinnvoll wäre.

Die Expertinnen und Experten des Paul-Ehrlich-Instituts kommen auf Grundlage dieser Datenanalyse zu dem Schluss, dass definierte regulatorische Maßnahmen einen wichtigen Beitrag für den sicheren und wirksamen Einsatz neuer Therapeutika leisten. Zudem ist es wichtig, die eingeführten Maßnahmen regelmäßig neu zu bewerten, um so kontinuierlich die regulatorischen Vorgaben zu verbessern. Dies führt zu einer wirksamen und sicheren Therapie bei bisher schwer behandelbaren Krankheiten.

Originalpublikation

Berg PSchönefeld SRuppert-Seipp GFunk MB (2022): Regulatory Measures to Improve the Safety of CAR-T-Cell Treatment.
Transfus Med Hemother Nov 29 [Epub ahead of print].
Text

Weitere Informationen

Firmenkontakt und Herausgeber der Meldung:

Paul-Ehrlich-Institut
Paul-Ehrlich-Str. 51-59
63225 Langen in Hessen
Telefon: +49 (6103) 77-0
http://www.pei.de

Ansprechpartner:
Paul-Ehrlich-Institut
Telefon: +49 (6103) 77-0
Fax: +49 (6103) 77-1234
E-Mail: pei@pei.de
Für die oben stehende Pressemitteilung ist allein der jeweils angegebene Herausgeber (siehe Firmenkontakt oben) verantwortlich. Dieser ist in der Regel auch Urheber des Pressetextes, sowie der angehängten Bild-, Ton-, Video-, Medien- und Informationsmaterialien. Die United News Network GmbH übernimmt keine Haftung für die Korrektheit oder Vollständigkeit der dargestellten Meldung. Auch bei Übertragungsfehlern oder anderen Störungen haftet sie nur im Fall von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Die Nutzung von hier archivierten Informationen zur Eigeninformation und redaktionellen Weiterverarbeitung ist in der Regel kostenfrei. Bitte klären Sie vor einer Weiterverwendung urheberrechtliche Fragen mit dem angegebenen Herausgeber. Eine systematische Speicherung dieser Daten sowie die Verwendung auch von Teilen dieses Datenbankwerks sind nur mit schriftlicher Genehmigung durch die United News Network GmbH gestattet.

counterpixel